Jahrgang dreiundsechzig, Skorpion, echter Bremer – und,
ehrlich gesagt, nie ganz weggegangen.
Hier bin ich zu Hause, irgendwo zwischen Weser, Wochenmarkt und meinem Kiez
Anfang – Das Messer und der Moment
1981. Ein Jahr, ein Griff, ein Gewicht.
Das Messer war zu groß, der Stahl zu kalt, der Griff aus Holz noch fremd in der Hand.
Doch es passte – irgendwie.
So beginnt alles, was bleibt: mit einem Werkzeug, das man erst führen muss, bevor man versteht, was es verlangt.
Die Küche war kein Ort, sie war ein Zustand.
Laut. Heiß. Unerbittlich.
Man sprach wenig, schwieg viel.
Wer diesen Beruf lernte, tat das mit verbrannten Fingern und verschluckten Worten.
Dort lernte ich Respekt, Disziplin, Demut – und dass jede Zutat eine Geschichte, jede Flame ihren Charakter hat, hat wenn man lange genug hinsieht.
Lehrjahre – Zwischen Hitze und Haltung
Ich lernte im „Flett“, im Haus St. Petrus, mitten in der Böttcherstraße.
Diese enge, Straße mit Ihren Glockenspiel war für mich: Kaffee, Kunst und harte Arbeit.
Meine Lehrer waren Männer der alten Schule – streng, aber gerecht, mit Händen, die vom Kochen erzählten, nicht vom Reden.
Manchmal stand ich am Herd, das Gesicht glühend vom Dampf, und dachte:
Das hier ist keine Ausbildung. Das ist eine „Bewährungsprobe“ die Du bestehen muss, um dazuzugehören.
Die Küche prüft dich.
Nicht, ob du kochen kannst – sondern ob du bleibst, wenn es zu viel wird.
Jahre danach – Verantwortung, Menschen, Form
Später kam alles: gehobene Küche, Selbstständigkeit, große Caterings, Verantwortung für Konzepte, Teams, Budgets.
Ich habe viele Küchen gesehen, noch mehr Menschen.
Und begriffen, dass das Kochen nie aufhört.
Es verändert nur seine Form – von Feuer zu Gefühl, von Messer zu Wort.
Schreiben – Der zweite Herd
Lange schrieb ich nur für mich.
Über die Küche, die kein Arbeitsplatz war, sondern Spiegel.
Von Disziplin, Schwäche und Würde.
Kein Glitzer, kein Lärm.
Ein Messer in der Hand, ein Gedanke im Kopf.
Später kam die Tastatur dazu – ein anderes Werkzeug, gleiche Präzision.
Wenn ich schreibe, soll man Butter riechen und Kräuter, das leise Klopfen des Messers hören, das Atmen einer Küche spüren.
Ich schreibe, wie ich koche: improvisierend, mit Handwerk und Gefühl.
Über echte Lebensmittel, über den Rhythmus eines Dienstes, über die Stille nach dem letzten Teller.
Und über das Schweigen, das bleibt, wenn man hinsieht.
Haltung – Über Geschmack und Leben
Ich schreibe über Arbeit, über Essen, über Menschen.
Manchmal schön, meistens ehrlich.
Das reicht.
Meine Küche ist kreativ, fischverliebt, pflanzenstark.
Ich mag Gräten, Kräuter, klare Aromen – und das Improvisieren.
Vegetarisch und vegan sind für mich kein Trend, sondern Ausdruck einer bewussteren Zeit.
Ich genieße gern.
Am liebsten dort, wo Menschen wissen, was sie tun.
Manchmal schleiche ich mich in Küchen, nur um Danke zu sagen – für gutes Essen, für Haltung, für Würde im Handwerk.
Ich lese. Höre zu. Denke laut.
Ich liebe gute Musik – Blues, Soul, Deep House.
Am liebsten live. Warum?
Weil live am ehrlichsten ist.
Nachklang – Kontrast und Schweigen
Vielleicht bin ich heute mehr Chronist als Koch.
Aber in Wahrheit war ich es immer – einer, der das Flüchtige festhalten will, bevor es verkocht, verfliegt, vergessen wird.
Einer, der weiß, dass Stille oft lauter ist als jedes Lob.
Und dass Ehrlichkeit, am Herd wie im Satz, nie laut sein muss, um wahr zu bleiben.
